(Spiel)Räume dekolonialer Bildung – Interdisziplinäre Perspektiven auf Rassismen unter postkolonialen Bedingungen

(Spiel)Räume dekolonialer Bildung – Interdisziplinäre Perspektiven auf Rassismen unter postkolonialen Bedingungen

Flensburger Campusgespräche im Frühjahrssemester 2025

Dass Rassismus in gesellschaftliche Strukturen, Institutionen und Praxen tief eingeschrieben ist, wird auch in öffentlichen Diskursen zunehmend thematisierbar. Gleichwohl sind insbesondere die kolonialen Verwobenheiten und die Historizität gegenwärtiger rassistischer Ordnungen, Ausgrenzungsstrukturen und Marginalisierungen selten Teil der öffentlichen Auseinandersetzungen in Deutschland.

Mit der Veranstaltungsreihe möchten die Organisator:innen vom Institut für Erziehungswissenschaften einen Raum schaffen, um verschiedene Zugänge, Ansätze und damit verbundene (Spiel-)Räume rassismuskritischer und dekolonialer Bildung in der formalen, non-formalen und informellen Bildungspraxis aus interdisziplinären Perspektiven auszuloten und auszudifferenzieren.

Gemeinsam mit Akteur:innen aus Wissenschaft, Bildungspraxis, Bildungsadministration sowie mit zivilgesellschaftlichen Akteur:innen werden in Diskussionen u.a. die Felder Schule, außerschulische Bildungsarbeit, Erwachsenenbildung, Universität fokussiert.

Im Frühjahrssemester 2025 finden insgesamt vier Gespräche statt:

9. April, 16-18 Uhr (c.t.): Noa K. Ha, Deutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) Berlin: Die europäische Stadt: Postkoloniale Bedingungen nach 1989 im „Neuen Berlin“, Raum: HEL 066

Berlin, eine Stadt, die nach dem Kalten Krieg und der Wiedervereinigung Deutschlands wieder Hauptstadt wurde. Um die postkolonialen Bedingungen nach 1989 auszuleuchten, steht im Fokus, wie Fragen von Zugehörigkeit und nationaler Identität durch städtische Symbole und den Zugang zu Ressourcen ausgehandelt werden. Diese repräsentativen und sozialen Aushandlungsprozesse sind in die neuen Narrative des Europäischen und der Europäischen Stadt eingebettet, die seit dem Ende des Kalten Krieges an Bedeutung gewonnen haben und die Stadtentwicklung von Berlin entscheidend prägten. Aus einer postkolonialen Perspektive, die rassismuskritisch hinterfragt und den Blick auf die Erfahrungen von rassifizierten Gruppen in einer postmigrantischen Gesellschaft richtet, zeigt sich, wie Berlin ein Ort ständiger Verhandlungen über Ressourcen, Zugehörigkeit und die Gestaltung von Stadträumen ist. 

23. April, 18.00-20.00 Uhr (s.t.): (Spiel-)Räume Dekolonialer und Rassismuskritischer Bildung – Ein Podiumsgespräch. Ort: Theaterwerkstatt Pilkentafel (in Präsenz)

Diskutant*innen: Saraya Gomis (Pädagogin und Berliner Staatssekretärin für Vielfalt und Antidiskriminierung a.D.); Medi Kuhlemann (Landeskoordination Schule ohne Rassismus SH), Aljoscha Tischkau (Stadt Flensburg, Kinder- und Jugendbüro), Saman A. Sarabi, (Universität Bremen)

Moderation: Denise Bergold-Caldwell und Inken Carstensen-Egwuom, Europa-Universität Flensburg 

Gesellschaftliche Institutionen – und insbesondere Stätten der Bildung wie Universitäten, Schulen, pädagogische Einrichtungen, aber auch Theater und Kunst- und Kulturvermittlung – sind in (post-)koloniale und rassistische Strukturen verwoben. Dennoch ist dies in Deutschland lange nur zurückhaltend thematisiert worden. Langsam, aber doch stetig, kommt dank zunehmender Forderungen der Öffentlichkeit ein Diskurs über koloniale Vermächtnisse und Verstrickungen zustande. So entstehen Möglichkeiten und (Spiel-)Räume der Dekolonisierung. Die Podiumsdiskussion widmet sich diesen (Spiel-)Räumen in der Kinder- und Jugendarbeit, der Schule, der Kunstvermittlung und der Antidiskriminierungsarbeit und versucht auszuloten, wie diese Räume aussehen, wie sie geschaffen und gestaltet, aber auch gehalten werden können angesichts gesellschaftspolitischer Veränderungen und Ressourcenverknappung. Wir werden dabei auch vergangene Bewältigungsstrategien aufrufen, stärkende Momente betrachten und Zukünfte imaginieren, die es uns erlauben trotz einschneidender Momente gemeinsam zu handeln. 

8. Mai, 16-18 Uhr (c.t.): İnci Dirim, Universität Wien: Linguizismus in der mehrsprachigen Migrationsgesellschaft, Raum: HEL 067

Ein britischer Akzent im Deutschen klingt in den Ohren vieler Menschen sympathisch und macht neugierig auf die sprechende Person. Andere Akzente führen oft dazu, dass die sprechende Person für ‚dümmlich‘ gehalten wird, und zwar völlig unabhängig vom Gesagten. Der Grund für unterschiedlichen Bewertungen ist der Linguizismus, nämlich eine Form des Rassismus, die in die Kolonialzeit zurückreicht. In dieser Zeit wurden nicht körperliche Merkmale zum Anlass für die Ausgrenzung und Unterwerfung von Menschen bedeutsam gemacht, sondern auch sprachliche. Zwar liegt der Kolonialismus lange zurück, nicht aber das linguizistische Gedankengut, das weiterhin wirksam ist, uns sogar unbewusst beeinflusst. Ziel des Vortrags ist es, die Tradition des Linguizismus und seine heutigen Formen darzustellen, um eine Möglichkeit für linguizismuskritische (Selbst-)Reflexion und linguizismuskritisches Handeln zu schaffen.

11. Juni, 16-18 Uhr (c.t.): Peggy Piesche, Bundeszentrale für Politische Bildung: Schwarze und queer-feministische Perspektiven in der Hochschul- und politischen Bildung: Widerstände, Visionen und Praxis, Raum: HEL 066

Dieser Vortrag beleuchtet die Bedeutung Schwarzer und queer-feministischer Perspektiven in der Hochschul- und politischen Bildung. Er geht der Frage nach, wie diese Perspektiven hegemoniale Bildungsstrukturen herausfordern und transformieren können, um rassismus-, diskriminierungsfreie und inklusive Lernumfelder zu schaffen. Dabei wird der Fokus auf theoretische Grundlagen sowie praktische Implikationen für Lehrmethoden und Curriculum-Entwicklungen gelegt und das Model der Intersectional Black Studies (InBEST) vorgestellt. Es wird diskutiert, wie Schwarze und queer-feministische Theorien zentrale Fragen der sozialen Gerechtigkeit, Machtverhältnisse und Solidarität in die Bildungslandschaft einbringen und somit einen politischen Anspruch formulieren. Der Vortrag zeigt auf, wie diese Zugänge nicht nur zur Entstehung von Widerstand, sondern auch zu kreativen Visionen für eine gerechtere Zukunft beitragen können.

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